MENU CLOSE

Hofstetter IDYLL Scherenschnitt aus 12mm VA Hartverchromt & poliert

Der Ballsaal
im Kasino (heute: Gebäude 22 der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt-Aschaffenburg) der ehemaligen Kaserne des 2. Bayerischen Jägerbataillons in Aschaffenburg ist mit Wandmalereien geschmückt, die an Rokokodarstellungen des 18. Jahrhunderts erinnern (Abb. 1). Diese am Ende des 19. Jahrhunderts gemalten ‘galanten’ Szenen kontrastieren in Inhalt und Malweise der Intention und Aufgabe einer Kaserne. Als Darstellung spielerischer und tändelnder Lebensweise inmitten von Natur sind sie ein utopisches Moment, das militärischer Disziplin und Gewaltbereitschaft entgegensteht.
Für die Doppelskulptur ”Idyll”
werden von einem Bild dieser Wandmalerei zwei Figuren (Abb. 2 und 3) mittels Computer isoliert (ein Mann, der eine Frau zum Tanz auffordert), überlebensgroß vergrößert, aus 12 mm Edelstahl mit einem Laserstrahl herausgeschnitten und in die nun begrünte Fläche des ehemaligen Kasernenhofes gestellt. Die Umrißformen zeigen auf einer Seite eine Reproduktion der gemalten Figuren, die im Siebdruckverfahren in einem groben Raster aufgedruckt wird. Die Rückseiten der Edelstahlformen bleiben unbedruckt und werden auf Spiegelglanz hochpoliert. Im Außenbereich – in derselben Anordnung wie im referenten Wandbild – spiegeln sich die ‘Frau’ im ‘Mann’ und die Umgebung des Kasernenhofes in der ‘Frau’.
Diese Verschiebung
von Innen nach Außen, von Bild zu Objekt reflektiert die Verkehrung sich widersprechender Elemente bei gleichzeitiger Beibehaltung des Widerspruchs: steht am Ende des 19. Jahrhunderts eine intakte Natur einer militarisierten Gesellschaft gegenüber, so heute eine zivile Gesellschaft einer zerstörten Natur. Der anstelle des Kasernenhofes angelegte Park kann als künstliches Korrektiv ‘Natur’ nur zitieren. Die im Park aufgestellten Figuren verweisen in ihrer historischen Künstlichkeit auf die Künstlichkeit dieses Innenhofes. Sie stellen als Ensemble den Schein einer Idylle her und befragen diese gleichzeitig.
Die beiden Figuren
werden neben dem Haus 22, entsprechend ihrer Anordnung im Wandbild aufgestellt. Sie orientieren sich an der Ausrichtung des Platzes. Im Verhältnis zur Gesamtarchitektur hat die Skulptur den Charakter einer Anmerkung. Eine Zurücknahme, die der Tatsache Rechnung trägt, daß die Hauptfläche, die große Wiese in der Mitte des Platzes, durch eine zweiteilige Skulptur mit starkem Ausstrahlungsradius besetzt ist. Demgegenüber zeigt sich die Doppelskulptur ”Idyll” durch die ornamentale Umrißform ihrer beiden Teile, die wechselseitigen Spiegelungen und die dargestellte Gestik sehr stark auf sich selbst bezogen. Das von ihr beanspruchte Volumen ist eher immateriell; es ergibt sich einerseits aus der kommunikativen Beziehung zwischen den Figuren und andererseits aus dem Verweis auf das Ursprungsbild, die Wandmalerei, aus der sie entnommen sind.


Fakten

Zuständigkeit:
Metallatelier David Fuchs
Künstler:
Michael Hofstetter
Realisation:
Metallatelier
Siebdruck:
Werkstatt f. Kunstsiebdruck (München)
Standort:
FH Aschaffenburg
Material:
12mm VA, Hartchrom, Spiegelpolitur, Siebdruck.
Höhe:
ca. 2,5m